Was genau die Ursachen für Depressionen sind und was dabei im Körper passiert, ist noch unklar – doch einige Zusammenhänge und Risikofaktoren sind bekannt.
Die Gene, chronischer Stress, ein Schicksalsschlag oder ein frühkindliches Trauma – viele Umstände können dazu beitragen, dass eine Depression entsteht. Es gibt in der Regel nicht die eine, klare Ursache. Tatsächlich ist die Krankheit sehr komplex und Forschende haben längst noch nicht alle Fragen zu den Ursachen geklärt. Klar ist: Depressionen entstehen wahrscheinlich aus dem Zusammenspiel von genetischer Veranlagung, körperlichen Voraussetzungen und belastenden Lebensereignissen.
Damit eine Depression ausbricht, müssen meist zwei Dinge zusammenkommen: Eine Person ist anfällig für die Depression (Vulnerabilität) und es kommt zu Belastungen wie Stress, Verlusten und negativen Erlebnissen.
Zum Beispiel kann eine Person anfällig für psychische Probleme sein, weil sie in Ihrer Kindheit traumatische Erlebnisse durchgemacht hat und gleichzeitig genetisch vorbelastet ist. Ein Auslöser kann dann ein weiteres belastendes Ereignis oder eine Phase extremen Stresses sein – aber auch zum Beispiel eine Veränderung der Stresshormone im Körper [1].
Mehr über die verschiedenen Formen und die Behandlung der Depression lesen Sie in unserem Depressions-Übersichtsartikel. In einem weiteren Beitrag klären wir über die Symptome der Depression auf.
Wer hat ein höheres Depressions-Risiko?
Depressionen treten in allen Altersklassen und sozialen Schichten auf. Trotzdem gibt es einige Risikofaktoren, unter anderem das Alter, das Geschlecht und die Lebensumstände.
Alter
Depressionen können zwar in jeder Lebensphase auftreten, auch schon bei Kindern, im Alter über 65 Jahren steigt das Risiko aber deutlich. Das liegt vermutlich an anderen Erkrankungen und zunehmender Gebrechlichkeit, oft spielt auch Vereinsamung eine Rolle [2].
Geschlecht
Frauen erkranken deutlich häufiger als Männer – ihr Risiko ist Studien zufolge mehr als doppelt so hoch. Unter Fachleuten wird noch diskutiert, ob das daran liegen könnte, dass Frauen sich häufiger in Behandlung begeben und diagnostiziert werden. Vermutlich ist das aber nur ein Teil der Begründung. Neben genetischen Unterschieden könnten auch gesellschaftlich bedingte belastende Situationen, die schon früh im Leben auftreten, das Depressions-Risiko von Frauen erhöhen [2].
Lebensumstände
Ein hoher Bildungsstand und sozioökonomischer Status scheinen einen gewissen Schutz vor Depressionen zu bieten. Zum Beispiel erkranken Arbeitslose häufiger.
Auch der Familienstand und das soziale Umfeld spielen eine Rolle – Menschen, die keine feste Bezugsperson in ihrem Leben haben, haben ein höheres Depressionsrisiko. Das lässt sich zum Beispiel bei Verwitweten und Geschiedenen feststellen und generell bei Menschen, die wenige soziale Kontakte haben. Menschen in Grossstädten erkranken zudem häufiger als die, die auf dem Land wohnen.
Drogen können ebenfalls einen Einfluss haben. Zum Beispiel erhöhen langfristiger Cannabis-Konsum und Alkoholmissbrauch Studien zufolge das Risiko, Depressionen zu entwickeln [2], [3].
Wie hole ich mir Hilfe? Wenn Sie den Verdacht haben, an einer Depression zu leiden, zögern Sie nicht, Ihre Hausärztin oder Ihren Hausarzt anzusprechen! Hausärzt*innen sind häufig die ersten Ansprechpartner und können bei Bedarf an Fachärzt*innen und Psychotherapeut*innen überweisen. Hilfe, Beratung und Kontakte erhalten Sie ausserdem durch den sozialpsychiatrischen Dienst an Ihrem Wohnort. Weitere Krisentelefon-Kontakte finden Sie auch auf der Website des Netzwerks Psychische Gesundheit Schweiz.
Welche Rolle spielen die Gene bei der Depression?
Die genetische Veranlagung spielt eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Depressionen. Die unterschiedlich hohen Risiken zwischen Menschen lassen sich zu bis zu 40 Prozent durch die Gene erklären. Das zeigen Studien an Zwillingen und mittlerweile auch Genanalysen, die mehr als 100 Genvariationen erkannt haben, die mit Depressionen zusammenhängen.
Es gibt aber wohl kein einzelnes „Depressions-Gen“ – Forschende untersuchen noch die komplexe Kombination aus Genvarianten, die das Krankheitsrisiko beeinflusst [4].
Welche Rolle spielt Stress bei der Depression?
Studien haben herausgefunden, dass Menschen mit Depressionen häufig eine gestörte Regulation der Stresshormone Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol haben. Das führt unter anderem dazu, dass die Konzentration des Cortisols im Gehirn stark ansteigen kann. Zu viel Cortisol kann dann wiederum zu Symptomen führen, die für eine Depression typisch sind. Auch hier spielen übrigens die Gene eine Rolle: Es scheint eine vererbte Veranlagung zu einer gestörten Stresshormonregulation zu geben [5].
Das zeigt sich auch in der Praxis: Chronischer Stress am Arbeitsplatz war in Studien ein klarer Risikofaktor für Depressionen. Und auch starker oder dauerhafter Stress in der Kindheit kann dazu beitragen, dass später Depressionen entstehen. So zeigten Untersuchen an Menschenaffen und Daten von depressiven Menschen, dass die Erkrankung besonders häufig auftritt, wenn es im Kindesalter zu Verlusterlebnissen und schwerwiegenden Trennungen kam [2].
Burnout-Syndrom und Depression
Eine mögliche Ursache für Depressionen ist das Burnout-Syndrom. Dabei leiden Betroffene wegen schwierigen – meist beruflichen – Lebenssituationen unter körperlicher, emotionaler und geistiger Erschöpfung. Aus Dauerstress und Burnout kann dann eine Depression entstehen. Ein solcher Burnout äussert sich oft zuerst durch körperliche Beschwerden wie Rückenschmerzen, Magen-Darm-Beschwerden und vor allem Schlafstörungen [2].
Krankheiten als Ursache der Depression
Manche körperlichen Erkrankungen können depressive Symptome hervorrufen. In diesen Ausnahmefällen gibt es also tatsächlich eine klare Ursache, die sich oft beheben lässt.
Zum Beispiel kann eine Schilddrüsenunterfunktion den Hormonhaushalt des ganzen Körpers durcheinanderbringen und so auch massiv die Stimmung beeinflussen. Weitere Krankheiten, die zur Depression führen können, sind Multiple Sklerose und Schlaganfall.
Häufig bessern sich die depressiven Symptome wieder oder verschwinden, wenn die zugrundeliegende Krankheit geheilt wurde oder eine Behandlung anschlägt [2].
Depressionen oder depressive Symptome treten auch häufig zusammen mit einigen psychischen Störungen wie beispielsweise Angststörungen, Essstörungen oder Schizophrenie auf. Häufig gehen auch in diesen Fällen die Symptome wieder zurück, wenn die eigentliche Erkrankung behandelt wird. Depressionen können jedoch auch als Verstärker andere psychischer Störungen wirken. Deswegen sollten sie in der Therapie der anderen Erkrankungen auch eine Rolle spielen, wenn sie auftreten.
Auf einen Blick: Wie entsteht eine Depression?
Forschende vermuten, dass genetische Veranlagung, körperliche Voraussetzungen und belastende Lebensereignisse dazu beitragen, dass Depressionen entstehen.
Traumatische Erlebnisse und starker Stress in der Kindheit können dazu führen, dass Menschen als Erwachsene anfälliger für Depressionen sind.
Häufige Auslöser einer depressiven Episode sind schwierige Lebensphasen und Erlebnisse sowie Burnout und chronischer Stress.
Als Risikofaktoren gelten höheres Alter, weibliches Geschlecht, benachteiligte Lebensumstände, Einsamkeit sowie Cannabis-Konsum und Alkoholmissbrauch.
Quellen
[1] „Depression: Infos und Hilfe - Stiftung Deutsche Depressionshilfe“. https://www.deutsche-depressionshilfe.de/depression-infos-und-hilfe (zugegriffen Aug. 26, 2021).
[2] B. Dgppn und A. (Hrsg ) für die L. U. D. Kbv, „S3-Leitlinie/Nationale VersorgungsLeitlinie Unipolare Depression – Kurzfassung, 2. Auflage. Version 1“, S. 77, 2017.
[3] „Depressionen: Ursachen - www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org“. https://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/psychiatrie-psychosomatik-psychotherapie/stoerungen-erkrankungen/depressionen/ursachen/ (zugegriffen Sep. 02, 2021).
[4] D. M. Howard u. a., „Genome-wide meta-analysis of depression identifies 102 independent variants and highlights the importance of the prefrontal brain regions“, Nat. Neurosci., Bd. 22, Nr. 3, S. 343–352, März 2019, doi: 10.1038/s41593-018-0326-7.
[5] „Stresshormonregulation und Depressionsrisiko – Perspektiven für die antidepressive Behandlung“. https://www.mpg.de/4752810/Antidepressive_Behandlung?c=1070738 (zugegriffen Aug. 30, 2021).