Die knusprige Kruste und den weichen Kern verdanken die meisten Brote ihrem Hauptbestandteil, dem Weizen. Sind Sie gegen Weizen allergisch, müssen Sie nicht nur auf das gängigste Getreide verzichten, sondern auch auf verwandte Sorten wie Dinkel und Emmer – aber nicht automatisch auf Gluten.
Wer eine Weizenallergie hat, hat es nicht leicht – denn Weizen ist heute die weltweit am drittmeisten angebaute Getreidesorte, nach Körnermais und Reis. Das Getreide steckt in zahlreichen Lebensmitteln und ist im Alltag nicht immer leicht zu umgehen.
Das war nicht immer so: Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts galt Roggen noch als Hauptgetreide in Deutschland. Anschliessend verdrängte der Weizen den Roggen nach und nach. Weizen eignet sich nicht nur sehr gut zum Backen, das Korn benötigt auch weniger Verarbeitungsschritte bei der Ernte und ist sehr anpassungsfähig. Das Getreide ist also toll, um eine Menge Menschen zu ernähren.
Lesen Sie in diesem Artikel, mit welchen Symptomen sich eine Weizenallergie zeigt, wie Sie sie diagnostizieren können und was Sie im Falle einer Allergie tun können.
Was ist eine Weizenallergie?
Bei einer Weizenallergie verursachen bestimmte Proteine im Weizen eine allergische Reaktion. Das Immunsystem stuft die Weizen-Proteine als gefährlich ein und bildet Antikörper aus, die gemeinsam mit weiteren Bestandteilen des Immunsystems gegen den Weizen ankämpfen. Die Reaktionen treten auf, kurz nachdem Sie Weizen zu sich genommen haben. Deswegen spricht man hier vom Sofort-Typ. Die Antikörper schütten daraufhin Unmengen an Histamin aus, die der Körper nicht schnell genug abbauen kann. Als Allergiker*in bekommen Sie das dann in Form von Schwellungen, Hautausschlägen und den weiteren Symptome einer Allergie zu spüren [1].
Je nachdem, wodurch die Weizenallergie ausgelöst wird und welche Mechanismen im Immunsystem ablaufen, werden drei Formen unterschieden [2]:
Lebensmittelallergie: Sie wird ausgelöst, wenn Sie Weizen essen. Sie betrifft die Haut, den Magen-Darm-Bereich oder die Atemwege.
Weizen-abhängige anstrengungsbedingte Anaphylaxie (WDEIA): Sie ist eine seltenere Form der Weizenallergie. Die Betroffenen vertragen normalerweise Weizen. Zu einer allergischen Reaktion kommt es erst durch eine Kombination von weizenhaltigen Lebensmitteln und körperlicher Anstrengung. Weitere Auslöser können auch Alkohol, Medikamente, Stress und die monatliche Regelblutung der Frau sein.
„Bäckerasthma“: Eine durch das Einatmen von Mehl und Staub ausgelöste Atemwegsallergie ist besser bekannt als Bäckerasthma. Neben dem Weizen, können auch Roggen oder Soja eine Reaktion hervorrufen. Das Besondere: Betroffene vertragen Weizen, wenn sie ihn essen.
Gut zu wissen: Von allen Getreidesorten löst Weizen bei Kindern am häufigsten eine Allergie aus. Wie bei der Milch- und Ei-Allergie verschwindet die Weizenallergie im Schulalter sehr häufig wieder. Der Anteil der Kinder, deren Immunsystem auf Weizen reagiert, liegt zwischen vier und neun Prozent. Erwachsene leiden seltener an einer Weizenallergie. Bewertet durch die Sensibilisierung auf IgE-Antikörper sprechen die Studien nun von drei Prozent, ursprünglich angenommen waren ein Prozent [3, 4].
Was ist der Unterschied zur Zöliakie und Glutensensitivität?
Weizenallergie, Zöliakie, Glutensensitivität oder Weizenunverträglichkeit? Alle diese Begriffe haben mit Weizen zu tun – das kann schon mal für Verwirrung sorgen. Die Krankheiten unterscheiden sich aber durchaus, in ihren Symptomen, ihren Ursachen und der Art und Weise, wie sie diagnostiziert werden [1, 5].
Zöliakie. Anders als die Weizenallergie ist die Zöliakie eine Autoimmunerkrankung. Hier bildet der Körper Antikörper gegen Gluten, das auch in anderen Getreidesorten und nicht nur im Weizen enthalten ist. Die Folgen sind chronische Entzündungen im Dünndarm mit einer Rückbildung der Darmzotten. Labore können eine Zöliakie-Test machen, indem sie spezifische IgA-oder TTG-Antikörper im Blut bestimmen.
Gut zu wissen: Darmzotten kleiden unseren Darm aus und sind für die Aufnahme der Nährstoffe aus der Nahrung wichtig. Eine Rückbildung der Zotten bedeutet somit, dass Ihr Darm Nährstoffe aus der Nahrung schlechter aufnehmen kann.
Glutensensitivität oder Weizensensitivität (Nicht-Zöliakie-Nicht-Weizenallergie-Weizensensitivität, kurz NCGS): Für diese Form der Glutenunverträglichkeit gibt es bisher noch keinen diagnostischen Test. Daher ist dieses Krankheitsbild bei vielen Ärzten stark umstritten. So spricht man erst von der NCGS, wenn die Weizenallergie, die Zöliakie und weitere Krankheiten, zum Beispiel chronisch entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn, ausgeschlossen werden können.
Krankheit |
Merkmale |
Weizenallergie |
Auslöser: Proteine im Weizenkorn Diagnose: Messung von IgE-Antikörpern und Provokationstest Therapie: Verzicht auf Weizen und verwandte Getreidesorten |
Zöliakie |
Auslöser: Gluten Diagnose: Antikörper (tTG, IgG, IgA) im Blut untersuchen + Dünndarmbiopsie Therapie: Strikte glutenfreie Ernährung |
Nicht-Zöliakie-Nicht-Weizenallergie-Weizensensitivität |
Auslöser: Derzeit noch unklar. Eventuell Gluten/Weizenprodukte Diagnose: Nach dem Ausschlussprinzip anderer Krankheiten Therapie: Keine konkreten Empfehlungen vorhanden |
Gut zu wissen: „Weizenunverträglichkeit“ ist ein Überbegriff für alle Krankheitsbilder, die durch Weizen ausgelöst werden. Meistens wird der Begriff Unverträglichkeit für Reaktionen auf Lebensmittel verwendet, die keine Allergien sind. [6].
Ursachen der Weizenallergie
Wieso unser Körper eine überschiessende Immunreaktion auf bestimmte Lebensmittel auslöst, ist bisher noch unklar. Forscher sehen den genetischen Hintergrund in der Familie als eine wichtige Ursache für eine Lebensmittelallergie. Ausserdem spielt es laut der Hygienehypothese eine Rolle, dass wir als Kinder in unserem hygienischen Umfeld kaum noch auf Keime treffen. Unserem Immunsystem fehlt deswegen womöglich die Übung und es stuft die Allergene fälschlicherweise als gefährlich ein.
Einig sind Wissenschaftler sich über den schützenden Effekt der Muttermilch. Die Erstmilch (Vormilch) enthält besonders viele Antikörper, die das Immunsystem und den Darm des Neugeborenen schützen [7].
Symptome und Diagnose der Weizenallergie
Die Symptome einer Weizenallergie können sehr unspezifisch sein. Das macht es schwierig, die Allergie zu erkennen. Ein Allergietest auf bestimmte Antikörper kann hier die ersten Hinweise liefern.
Welche Symptome treten bei einer Weizenallergie auf?
Die Symptome einer Weizenallergie sind wie bei allen Lebensmittelallergien sehr vielfältig. Sie reichen von Schwellungen, juckender Haut mit Ekzemen, Beschwerden im Magen-Darm-Bereich, wie Bauchkrämpfe, Übelkeit, Erbrechen, Blähungen und Durchfall bis hin zur Atemnot.
Gerade die Symptome, die den Magen beziehungsweise den Darm betreffen, können auch durch andere Erkrankungen ausgelöst werden. Denn insbesondere Bauchschmerzen, Blähungen und Vollegefühl sind auch typische Anzeichen einer Zöliakie, Laktoseintoleranz oder einer gestörten Fettverdauung [5, 8].
Ein Ernährungstagebuch und ein Gespräch mit einem Arzt, einer Ärztin oder Ernährungsberater*in können Ihnen dabei helfen, mögliche Unverträglichkeiten wie eine Laktoseintoleranz aufzudecken und Ihre Ernährung richtig umzustellen. Einen ersten Hinweis kann ein Laktoseintoleranz-Test geben [5].
Wie testet man eine Weizenallergie?
Besteht bei Ihnen der Verdacht auf eine Weizenallergie, können Sie zum Beispiel beim Arzt einen Hauttest durchführen lassen, den sogenannte Pricktest. Ärzte tragen dabei eine flüssige Lösung mit dem aus den Weizen extrahierten Proteinen auf den Arm oder Rücken auf und schneiden die Haut mit einer Lanzette leicht an. Reagiert die Haut mit Rötungen und Quaddeln, ist das ein Hinweis auf eine Allergie. Eine genauere Auskunft gibt die Bestimmung spezifischer IgE-Antikörper gegen bestimmte Weizenallergene im Blut [9].
Gut zu wissen: Was ist die Sensibilisierung? Sensibilisierung bedeutet, dass Ihr Immunsystem eine Reaktion einleitet, wenn bestimmte Stoffe in den Körper gelangen, zum Beispiel Weizen. Das bedeutet noch nicht unbedingt, dass Sie eine Allergie haben – davon spricht man erst, wenn es auch zu Beschwerden kommt. Die Sensibilisierung gegen ein Allergen lässt sich aber in einem Bluttest erkennen, an der Zahl spezifischer IgE-Antikörper. Eine gesicherte Diagnose kann ein Facharzt oder eine Fachärztin stellen [8].
Therapie der Weizenallergie
Wie bei den anderen Nahrungsmittelallergien auch müssen Sie bei einer Weizenallergie auf das Allergen, den Weizen, verzichten. Dazu gehören dann natürlich Weizenmehl, -stärke und -panaden, aber auch Getreidesorten, die dem Weizen ähneln. Das sind [2]:
- Dinkel
- Grünkern
- Kamut
- Emmer
Weizenfreie Ernährung
Wenn Sie sich weizenfrei ernähren, dürfen Lebensmittel auch keine Weizenkleie, Weizenmalz, Paniermehl, Vitalkleber und modifizierte Stärke auf Weizenbasis enthalten. Gerichte aus Bulgur und Couscous sind ebenfalls weizenhaltig. Bulgur sind vorgekochte Weizenkörner; Couscous besteht aus Hartweizengriess.
Tipp: Achten Sie bei einer weizenfreien Ernährung auf ausreichend Zink und Folsäure. Sie finden die beiden Mineralstoffe in Gemüse, Hülsenfrüchten, Käse und Hühnerei. Suchen Sie Hilfe bei Ernährungsfachkräften, beispielsweise mit einem Ernährungscoaching für Allergien und Unverträglichkeiten.
Wussten Sie, dass Weizen in Hartweizen und Weichweizen unterschieden wird? Der Weichweizen dient vor allem als Grundlage für Brote und Backwaren, er ist die am häufigsten angebaute Weizenart. Hartweizen macht nur zehn Prozent der weltweiten Weizenproduktion aus. Er wird für die Produktion von Pasta, Couscous und Bulgur verwendet [10].
Worin kann sich Weizen verstecken?
Mit Weizen verbindet man Brot, Backwaren und Nudeln. Weizen wird aber auch gerne als Bindemittel für Saucen, Suppen, Cremes, als Trägerstoff für Aromen, als Trennmittel für Pommes frites, geriebenen Käse und bei der Herstellung von Medikamenten eingesetzt. Ob Sie auch auf diese Produkte verzichten sollten, die nur sehr wenig Weizen enthalten, hängt von Ihrer Allergie ab. Bei einer sehr starken Allergie reagieren Sie bereits auf kleinste Mengen des Allergens [2].
Gut zu wissen: Glutenfreie Produkte sind nicht gleich weizenfrei. Als Glutenersatz wird in den Produkten gerne glutenfreie Weizenstärke verwendet.
Was sind Alternativen zu Weizen?
Als Alternative zum Weizen- und Dinkelmehl stehen Ihnen als Allergiker*in Mehl aus Roggen, Hafer, Hirse, Gerste, Reis und Kastanien zur Verfügung. Nudeln aus Hartweizengriess können durch Produkte aus Mais, Reis, Soja und Buchweizen ersetzt werden. Der Buchweizen ist trotz des irreführenden Namens nicht mit dem Weizen verwandt. Weizenstärke können Sie durch Mais- oder Kartoffelstärke ersetzen [2].
Gut zu wissen: Mit der Bezeichnung Weizenmehl Typ 550 gibt man den Ausmahlungsgrad an. Je höher der Ausmahlungsgrad, sprich je höher die Zahl, desto höher ist der Anteil vom ganzen Korn und somit auch der Gehalt an Mineralien, Vitaminen und Ballaststoffen im Mehl. Ein Vollkornmehl trägt keine Typenzahl, da darin das ganze Korn enthalten ist.
Weizenallergie: Auf einen Blick
Was ist eine Weizenallergie?
Bei einer Weizenallergie reagiert das Immunsystem auf eigentlich harmlose Eiweissbestandteile des Weizenkorns. Dadurch kommt es zur vermehrten Ausschüttung von Histamin und den Symptomen einer Lebensmittelallergie.
Was sind die Ursachen einer Weizenallergie?
Eine genetische Veranlagung und ein sehr hygienisches Umfeld in der Kindheit werden als mögliche Ursachen einer Weizenallergie diskutiert. Forscher sind sich darüber einig, dass Stillen einen vorbeugenden Effekt auf alle Lebensmittelallergien hat.
Was sind die Symptome einer Weizenallergie?
Die typischen Symptome einer Weizenallergie erstrecken sich von Beschwerden, die die Haut betreffen, wie Jucken, bis hin zu Beschwerden im Magen-Darm-Bereich und Atemnot.
Wie kann eine Weizenallergie festgestellt werden?
Bei einer Weizenallergie handelt es sich um den Sofort-Typ. Das bedeutet, dass mithilfe einer Blutanalyse eine Sensibilisierung auf IgE-Antikörper festgestellt werden kann. In Kombination mit einem Provokationstest kann der Mediziner dann eine Allergie diagnostizieren.
Was ist bei der Therapie einer Weizenallergie wichtig?
Die Ernährung bei einer Weizenallergie ist stark eingeschränkt. So müssen Sie als Allergiker*in nicht nur auf Weizen, sondern auch verwandte Getreidesorten verzichten, wie Grünkern, Dinkel, Kamut und Emmer. Achten Sie auch auf die Zutatenlisten von Fertigprodukten – sie enthalten häufig Weizen.
Quellen
[1] U. Körner, „Glutensensitivität“, Ernahrungs Umschau, Nr. 60(9), S. M519–M523, Sep. 2013, doi: 10.4455/eu.2013.031.
[2] R. Steinmüller, „Lebensmittelallergene im Porträt“, S. 6.
[3] E. Ostblom, M. Wickman, M. van Hage, und G. Lilja, „Reported symptoms of food hypersensitivity and sensitization to common foods in 4-year-old children“, Acta Paediatr., Bd. 97, Nr. 1, S. 85–90, Jan. 2008, doi: 10.1111/j.1651-2227.2007.00556.x.
[4] C. A. Keet, E. C. Matsui, G. Dhillon, P. Lenehan, M. Paterakis, und R. A. Wood, „The natural history of wheat allergy“, Annals of Allergy, Asthma & Immunology, Bd. 102, Nr. 5, S. 410–415, Mai 2009, doi: 10.1016/S1081-1206(10)60513-3.
[5] J. Felber u. a., „Ergebnisse einer S2k-Konsensuskonferenz der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen (DGVS) gemeinsam mit der Deutschen Zöliakie-Gesellschaft (DZG e. V.) zur Zöliakie, Weizenallergie und Weizensensitivität“, S. 96.
[6] „Pschyrembel Online | Weizenunverträglichkeit“. [Online]. Verfügbar unter: https://www.pschyrembel.de/Weizenunvertr%C3%A4glichkeit/A0U9P. [Zugegriffen: 03-Mai-2019].
[7] D. Graham-Rowe, „Lifestyle: When allergies go west“, Nature, Bd. 479, Nr. 7374, S. S2–S4, Nov. 2011, doi: 10.1038/479S2a.
[8] U. Körner und A. Schareina, Nahrungsmittelallergien und -unverträglichkeiten in Diagnostik, Therapie und Beratung: 62 Tabellen. Stuttgart: Haug, 2010.
[9] S. C. Hofmann und T. Jakob, „Molekulare Diagnostik bei nahrungsmittelabhängiger anstrengungsinduzierter Anaphylaxie: Serie Molekulare Allergologie – Teil 11“, Allergo Journal, Bd. 22, Nr. 5, S. 308–311, Juli 2013, doi: 10.1007/s15007-013-0220-2.
[10] M. Smollich und A. Vogelreuter, Nahrungsmittelunverträglichkeiten: Lactose - Fructose - Histamin - Gluten: mit 45 Abbildungen, 43 Tabellen und einem Arbeitsbogen zur Anamneseerhebung zum Download unter www.Online-PlusBase.de, 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: WVG, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, 2018.