Omega-6-Fettsäuren gehören zu den mehrfach ungesättigten Fettsäuren, die wir über die Nahrung zu uns nehmen. Damit gelten sie als eher gesunde Fette – doch entscheidend ist auch ihr Verhältnis zu den Omega-3-Fettsäuren.
Was haben Avocados, Olivenöl und Rindfleisch gemeinsam? Sie alle enthalten mehr oder weniger grosse Mengen von Omega-6-Fettsäuren. Omega-6 steckt in zahlreichen Lebensmitteln, die heutzutage in der westlichen Welt regelmässig auf dem Speiseplan stehen – in pflanzlichen Ölen, aber auch unter anderem in Fleisch, Nüssen und Soja.
Das ist an sich nichts Schlechtes: Omega-6-Fettsäuren sind zunächst einmal gesünder als gesättigte Fette, die vor allem in tierischen Produkten stecken. Doch sie sollten im Körper in einem gewissen Verhältnis zu den Omega-3-Fettsäuren stehen – und dieses Verhältnis hat sich in den letzten Jahrzehnten deutlich zugunsten von Omega-6 verschoben.
Was Omega-6-Fettsäuren genau sind, welche Aufgaben sie im Körper haben und durch welche Lebensmittel wir sie zu uns nehmen, lesen Sie in diesem Artikel. Ausserdem: Warum das Verhältnis der Fettsäuren Omega-6 und Omega-3 so wichtig ist.
Omega-6-Fettsäuren im Überblick
- Omega-6 gehören zu den mehrfach ungesättigten Fettsäuren.
- Eine der wichtigsten Omega-6- Fettsäuren ist die Linolsäure. Wir Menschen müssen sie über die Nahrung zu uns nehmen, wo sie in andere Fettsäuren umgewandelt wird.
- Wir Menschen brauchen Omega-6 unter anderem für die Regulierung des Blutdrucks, der Blutgerinnung und der Cholesterinwerte.
- Omega-6 steckt in zahlreichen Lebensmitteln, besonders in pflanzlichen Ölen wie Sonnenblumenkernöl, Kürbiskernöl, aber auch zum Beispiel in Geflügel, Butter, Käse und Eiern.
- Menschen in Europa nehmen eher zu viel als zu wenig Omega-6 zu sich.
- Das Zusammenspiel von Omega-6 und Omega-3 steuert unter anderem die Gefäßverengung, die Blutgerinnung und Entzündungen im Körper. Verschiebt sich das Verhältnis zu stark in Richtung von Omega-6, kann sich das womöglich negativ auf die Gesundheit der Blutgefäße auswirken.
- Expert*innen empfehlen ein Verhältnis von Omega-6 zu Omega-3 von höchstens 5 zu 1.
Was sind Omega-6-Fettsäuren?
Omega-6-Fettsäuren gehören wie die Omega-3-Fettsäuren zu den mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Der Unterschied der beiden liegt in der chemischen Struktur: Bei Omega-6-Fettsäuren ist die sechstletzte Bindung in einer Kette aus Kohlenstoffatomen eine Doppelbindung – bei Omega-3 ist es die drittletzte.
Verschiedene Arten von Omega-6-Fettsäuren unterscheiden sich noch einmal darin, wie viele Kohlenstoffatome in ihrer Kohlenstoffkette vorkommen. Die wichtigsten Omega-6-Fettsäuren sind:
- Linolsäure
- Gamma-Linolensäure
- Arachidonsäure
Unter den Omega-6-Fettsäuren ist die Linolsäure eine essentielle Fettsäure, die unser Körper nicht selbst herstellen kann und die wir damit über die Nahrung zuführen müssen. Der Körper kann aus der Linolsäure dann die beiden anderen wichtigen Omega-6-Fettsäuren bilden, Gamma-Linolensäure und Arachidonsäure [1].
Wozu brauchen Menschen Omega-6-Fettsäuren?
Omega-6-Fettsäuren sind für uns Menschen überlebenswichtig. Zu den Aufgaben von Omega-6 gehören:
- Gefässverengung
- Gerinnung des Blutes
- Blutdruckregulierung
- Senken der Cholesterinwerte
- Wachstums- und Reparaturprozesse
Omega-6-Fettsäuren sind in vielerlei Hinsicht die Gegenspieler der Omega-3 Fettsäuren. Omega-3-Fettsäuren werden eine entzündungshemmende Wirkung nachgesagt, wohingegen Omega-6-Fettsäuren Entzündungen fördern sollen. Das liegt daran, dass die Arachidonsäure bestimmte Gewebshormone bildet, die wiederum freie Radikale erzeugt. Die freien Radikale greifen körpereigene Zellen an, woraus Entzündungen resultieren.
Ausserdem ist es die Aufgabe von Omega-6, Blutgefässe zu verengen und die Blutgerinnung zu fördern – während Omega-3 die Gefässe erweitert und das Blut verdünnt. Deswegen ist auch das Verhältnis zwischen den beiden Fettsäuren so wichtig.
Wie gesund sind Omega-6-Fettsäuren?
Studienanalysen kommen zu dem Schluss, dass Omega-6 an sich nicht ungesund ist. Wenn Sie gesättigte Fette, etwa aus Fleisch oder Milchprodukten, durch pflanzliche Omega-6-Quellen ersetzen, kann sich das sogar positiv auf Ihre Herz-Kreislauf-Gesundheit auswirken [2].
Trotzdem heisst es in vielen Ratgebern, zu grosse Mengen Omega-6 könnten das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen. In Studien hatten etwa Menschen mit Übergewicht häufig stark erhöhte Omega-6-Werte. Ein Verhältnis zugunsten von Omega-6 kann womöglich die Bildung von Fettzellen fördern und das Risiko einer Gewichtszunahme erhöhen [3].
Expert*innen vermuten, dass ein ungünstiges Verhältnis von Omega-6 zu Omega-3 das Risiko erhöht, Entzündungen zu erleiden, zum Beispiel im Herz und in den Lungen [4]. Doch es gibt auch Studien, in denen eine erhöhte Omega-6-Zufuhr die Entzündungswerte im Körper nicht erhöht hat [5].
Fazit: Nach der aktuellen Studienlage scheint es nicht sinnvoll, gezielt die Omega-6-Zufuhr zu reduzieren. Achten Sie besser darauf, mehr Omega-3-Fettsäuren zu sich zu nehmen und so die Balance zwischen den Fettsäuren zu verbessern.
Welche Lebensmittel enthalten Omega-6-Fettsäuren?
Omega-6-Fettsäuren kommen überwiegend in pflanzlichen Lebensmitteln vor, besonders in bestimmten Pflanzenölen.
Tabelle: Lebensmittel mit hohem Omega-6-Gehalt
Lebensmittel |
Omega-6 in mg / 100 g |
Distelöl |
74.500 |
Maiskeimöl |
53.510 |
Sojaöl |
50.418 |
Kürbiskernöl |
50.000 |
Olivenöl |
9.763 |
Sonnenblumenöl |
3.606 |
Kokosöl |
1.800 |
Avocado |
1.689 |
Rindfleisch |
310 |
Wie viel Omega-6 benötige ich am Tag?
Das Food and Nutrition Board of the U.S. Institute of Medicine etwa empfiehlt erwachsenen Männern eine Zufuhr von 14 Gramm Linolsäure pro Tag, für Frauen 11 Gramm. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung rät dazu, 2,5 Prozent der täglichen Kalorienzufuhr durch Omega-6-Fettsäuren zu decken [6].
Tatsächlich nehmen die meisten Menschen in Amerika und Europa genug Omega-6 zu sich, ein Mangel ist sehr selten. Viel häufiger ist, dass zu wenig Omega-3 gegessen wird und das Verhältnis der Fettsäuren daher aus dem Gleichgewicht gerät.
Verhältnis von Omega-6 zu Omega-3
Wollen Sie von den gesunden Einflüssen von Omega-3 und Omega-6-Fettsäuren in der Ernährung profitieren, ist das Verhältnis von Omega-6- zu Omega-3- Fettsäuren entscheidend.
Wie sollte das Verhältnis von Omega-6 zu Omega-3 aussehen?
Einige Forschende gehen davon aus, dass unsere Vorfahren als Jäger und Sammler noch ein Verhältnis von Omega-6 zu Omega-3 von annähernd 1 zu 1 hatten – auf diese Relation hat die Evolution demnach unseren Körper ausgelegt. Wissenschaftler*innen vermuten allerdings auch, dass sich Menschen zum Beispiel in Europa in den letzten zehntausend Jahren genetisch an die veränderte Ernährung angepasst haben [7].
Fachgesellschaften wie die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfehlen eine Ratio von Omega-6 zu Omega-3 von 5 zu 1 [8]. Doch von diesen Empfehlungen sind die meisten Menschen in der westlichen Welt weit entfernt. Schätzungen zufolge beträgt die Relation von Omega-6 zu Omega-3 durchschnittlich 15 zu 1 [9].
Das liegt daran, dass sich das Verhältnis mit unserer modernen Ernährungsweise stark in Richtung Omega-6 verschoben hat. Omega-3-reicher Fisch wird relativ selten verzehrt, Omega-6-reiche Margarine oder Lebensmittel, die mit Pflanzenöl gebraten oder angemacht werden, kommen häufig auf den Teller.
Tabelle: Verhältnis von Omega-6 zu Omega-3 in bestimmten Lebensmitteln [10]:
Lebensmittel |
Verhältnis Omega-6 zu Omega-3 |
Thunfisch aus der Dose (ohne Öl) |
1:20 |
Lachs |
1:12 |
Spinat |
1:5 |
Leinöl |
1:4 |
Rapsöl |
2:1 |
Walnussöl |
4:1 |
Getreide |
10:1 |
Olivenöl |
11:1 |
Thunfisch aus der Dose (in Öl) |
15:1 |
Karotten |
57:1 |
Margarine |
80:1 |
Sonnenblumenöl |
120:1 |
Sonnenblumenkerne |
312:1 |
Mandeln |
1987:1 |
Warum ist das Verhältnis von Omega-6 zu Omega-3 wichtig?
Sowohl Omega-3- als auch Omega-6-Fettsäuren regulieren Vorgänge in den Blutgefässen und sind an Entzündungsvorgängen beteiligt. Während Omega-3-Fettsäuren die Gefässe erweitern, die Fliesseigenschaften von Blut verbessern und Entzündungen hemmen, wirken Omega-6-Fettsäuren gegenteilig. Sie verengen die Blutgefässe, fördern die Blutgerinnung und wirken entzündungsfördernd.
Omega-3 (Eicosapentaensäure) |
Omega-6 (Arachidonsäre) |
gefässerweiternd |
gefässverengend |
gerinnungshemmend |
gerinnungsfördernd |
entzündungshemmend |
entzündungsfördernd |
Wenn sich beide Fettsäuren im Gleichgewicht befinden, spricht man von einem entzündungsneutralen Zustand – und der gilt als förderlich für die Gesundheit. Er kann dazu beitragen, dass die Blutgefässe stabil bleiben, das Immunsystem reibungslos arbeitet und das Blut den Körper mit wichtigen Nährstoffen versorgt [11].
Quellen
[1] Elmadfa, I. und Leitzmann, C., Ernährung des Menschen, 6. Aufl. Stuttgart: Eugen Ulmer KG, 2019.
[2] Cochrane, „Omega-6 Fettsäuren für die Prävention und Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen“. /de/CD011094/VASC_omega-6-fettsauren-fur-die-pravention-und-behandlung-von-herz-kreislauf-erkrankungen (zugegriffen Feb. 04, 2021).
[3] A. P. Simopoulos, „An Increase in the Omega-6/Omega-3 Fatty Acid Ratio Increases the Risk for Obesity“, Nutrients, Bd. 8, Nr. 3, S. 128, März 2016, doi: 10.3390/nu8030128.
[4] S. Rutting u. a., „Dietary omega-6, but not omega-3, polyunsaturated or saturated fatty acids increase inflammation in primary lung mesenchymal cells“, American Journal of Physiology-Lung Cellular and Molecular Physiology, Bd. 314, Nr. 6, S. L922–L935, Jan. 2018, doi: 10.1152/ajplung.00438.2017.
[5] J. K. Innes und P. C. Calder, „Omega-6 fatty acids and inflammation“, Prostaglandins Leukot Essent Fatty Acids, Bd. 132, S. 41–48, Mai 2018, doi: 10.1016/j.plefa.2018.03.004.
[6] „Labelling reference intake values for n-3 and n-6 polyunsaturated fatty acids“, EFSA Journal, Bd. 7, Nr. 7, S. 1176, 2009, doi: 10.2903/j.efsa.2009.1176.
[7] M. T. Buckley u. a., „Selection in Europeans on Fatty Acid Desaturases Associated with Dietary Changes“, Mol Biol Evol, Bd. 34, Nr. 6, S. 1307–1318, Juni 2017, doi: 10.1093/molbev/msx103.
[8] Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE), Österreichische Gesellschaft für Ernährung (ÖGE), Schweizerische Gesellschaft für Ernährung (SGE, D-A-CH-Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr, 2. Aufl. Bonn.
[9] A. P. Simopoulos, „Evolutionary aspects of diet, the omega-6/omega-3 ratio and genetic variation: nutritional implications for chronic diseases“, Biomedicine & Pharmacotherapy, Bd. 60, Nr. 9, S. 502–507, Nov. 2006, doi: 10.1016/j.biopha.2006.07.080.
[10] „SELF Nutrition Data | Food Facts, Information & Calorie Calculator“. https://nutritiondata.self.com/ (zugegriffen Sep. 17, 2019).
[11] A. P. Simopoulos, „The importance of the ratio of omega-6/omega-3 essential fatty acids“, Biomed. Pharmacother., Bd. 56, Nr. 8, S. 365–379, Okt. 2002.